Pfarrer Dr. Klaus-Peter Edinger

Pfarrer Dr. Klaus-Peter Edinger über seine Arbeit in Simbabwe

SHUUZ: Herr Dr. Edinger, seit fünfeinhalb Jahren betreuen Sie die Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in Harare, der Hauptstadt von Simbabwe. Beschreiben Sie doch mal Ihre Gemeinde dort.


Edinger: Unsere Evangelische Gemeinde deutscher Sprache versucht dort erfolgreich über alle kulturelle Grenzen hinweg eine Gemeinde zu bilden. Wir sind durch und durch multikulturell besetzt, nur noch circa 15 bis 20 Prozent der Mitglieder sind Deutsche. Wir sind für die afrikanischen Lutheraner vor allem auch deshalb interessant, weil wir weit und breit die einzigen sind, die ihre Kirchenarbeit in der englischen Umgangssprache umsetzen. Auch unser Vorstand ist paritätisch besetzt, es sind immer Vertreter aus Afrika involviert.


SHUUZ: Was waren Ihre persönlichen Beweggründe nach 15 Jahren Pfarrdienst in Neustadt-Mußbach, einem Winzerdorf an der Weinstraße, gemeinsam mit Ihrer Familie den Sprung nach Afrika zu wagen?


Edinger: Nachdem ich bereits in den 90er Jahren mehrere Jahre in Afrika war, hatte ich immer ins Auge gefasst, irgendwann einmal zurückzukehren. Somit war die mir vor sechs Jahren angebotene Stelle in Harare ideal für mich. Auch die Aufgabenteilung – 50 Prozent Gemeindearbeit und 50 Prozent akademischer Schulunterricht – ist eine Idealkombination, die wie für mich geschaffen ist.


SHUUZ: Simbabwe gilt als eines der ärmsten Länder des Schwarzen Kontinents…


Edinger: Vor nicht allzu langer Zeit war Simbabwe noch eines der wohlhabendsten Länder Afrikas. Etwa seit der Jahrtausendwende hat sich das dann leider komplett gewandelt. Es fing damit an, dass die weißen Farmer von den Soldaten und Kriegsveteranen zwangsenteignet, gefoltert und zum Teil sogar umgebracht wurden. In der Folge starb auch die Produktivität des Landes, darunter auch der damaligen Hauptexportschlagers Tabak.


SHUUZ: Wie sieht die Lage bei der heimischen Textil- und Schuhproduktion aus?


Edinger: Von Gemeindemitgliedern, die in der Textilbranche tätig sind, wurde mir berichtet, dass die einheimische Industrie nahezu komplett zerstört wurde. Hauptauslöser waren die Billig-Massenimporte, mit denen das Land aus China überschwemmt wurde. Davor gab es durchaus auch eine einheimische Textilbranche.


SHUUZ: Gibt es in Simbabwe auch einen Markt für Second Hand-Textilien?


Edinger: Ich weiß, dass viele Frauen aus Harare, die unter dem Existenzminimum leben, regelmäßig mit dem Bus nach Mosambik fahren und dort ganze Ballen zusammengewickelter Second Hand-Kleider kaufen. Mir wurde mehrfach berichtet, die Ware gelangt von Nigeria nach Mosambik und ich vermute, dass sie ursprünglich von Deutschland aus dorthin gelangt. Mit der gekauften Gebrauchtware erzielen die simbabwischen Frauen wiederum in ihrer Heimat auf Flohmärkten und Basaren etwa das Doppelte von dem, was sie zuvor dafür investiert haben. Davon leben eine ganze Reihe von Frauen im Land und ernähren damit erfolgreich ihre Familie. Die Flohmärkte für den Handel mit gebrauchten Textilien und Schuhen aus Deutschland sowie anderen Ländern, erstreckt sich teilweise Straßenweise und hat sich zu einem eigenen, florierenden Wirtschaftszweig entwickelt.


SHUUZ: Hat also der Import der Gebrauchtware, unter anderem von Schuhe, einen negativen Einfluss auf die einheimische Industrie?


Edinger: Nein, für Schuhe gilt das gleiche wie für die Textilien: es gibt keine eigene simbabwische Industrie. Während die billige Neuware aus China als nicht besonders haltbar gelten, ist die importierte Gebrauchtware auch sehr beliebt und wird viel gekauft.


SHUUZ: Was würde passieren, wenn es das Angebot an Second Hand-Produkten in Simbabwe plötzlich nicht mehr geben würde?


Edinger: Dann würden die Einkommensmöglichkeiten vieler Leute gegen Null einbrechen. Auch könnten sich viele Menschen dort ohne die Importe der Gebrauchttextilien keine vernünftige Kleidung oder Schuhe mehr leisten. Alternativ gäbe es zwar beispielsweise noch die Ware, die in Südafrika hergestellt wird, die ist aber für die Menschen im Simbabwe, die nur ein Bruchteil von dem verdienen, was Südafrikaner zur Verfügung haben, unbezahlbar.


SHUUZ: Was denken die Menschen in Simbabwe über die Gebrauchtkleidung- und schuhe?


Edinger: Die Menschen lieben diese Textilien. Sie kleiden sich gerne gut und sind stolz auf ihre Errungenschaften. Genauso wie das früher in Deutschland der Fall war, holen sie dann zum Gottesdienstbesuch ihre allerbesten Stücke raus.


SHUUZ: Freuen Sie sich auf die nun anstehende Rückkehr nach Simbabwe?


Edinger: Ich war schon immer der Meinung, man soll Solidarität nicht nur predigen, sondern auch leben. Zum einen will ich meine Gemeinde dort in stürmischen Zeiten wie diesen – es stehen umkämpfte Wahlen an – nicht im Stich lassen, zum anderen will ich meine Arbeit weiterführen, die ich dort vor sechs Jahren begonnen habe und nun für weitere drei Jahre fortführen kann.