Dr. Cesare N. Aspes

Dr. Cesare N. Aspes l Afrika-Experte und Mitglied im SHUUZ Expertenbeirat - Alte Schuhe entsorgen

SHUUZ: Guten Tag, Herr Dr. Aspes. Wie läuft das Geschäft mit den Kräutern und Früchten?


Aspes: Das Geschäft lief zuletzt leider sehr schlecht. Es gibt ein paar Faktoren, die niemand beeinflussen kann, beispielsweise die klimatischen Verhältnisse. Durch die lange Trockenperiode haben wir circa 70 Prozent unserer Ernte verloren. Aber abgesehen vom Beschaffungsproblem können wir uns nicht beklagen, da der Markt für hochwertige Kräuter und Früchte nach wie vor sehr gesund ist.


SHUUZ: Welche Bedeutung spielt für Sie "Fair Trade"?


Aspes: Als Unternehmer und Hersteller für landwirtschaftliche Produkte eine sehr wichtige. Obwohl wir aus ökonomischer Sicht keine Vorteile daraus ziehen, ist mir Fair Trade schon aus sozialer Verpflichtung wichtig.


SHUUZ: Bevor Sie sich mit "Mace Foods Limited" selbstständig gemacht haben, waren Sie als Berater für verschiedene Unternehmen und Organisationen in Afrika unterwegs. Wie würden Sie ihre damalige Arbeit beschreiben?


Aspes: Ich habe 25 Jahre lang mittelständische Unternehmen aus der Industrie in Fragen Entwicklungsstrategien und Projektplanungen beraten. Insgesamt war ich dafür in 17 afrikanischen Ländern südlich der Sahara unterwegs. Die längste Zeit habe ich dabei in Ostafrika, vor allem in Kenia verbracht.


SHUUZ: Wie ist Ihr Verhältnis zu Afrika und den Afrikanern?


Aspes: Grundsätzlich sehr positiv, allerdings mit einer kritischen Distanz. Dafür gibt’s einen Grund: Die Afrikaner haben in den vielen Jahrzehnten der Entwicklungshilfe nach und nach durch die Industrieländer gelernt, wie Korruption funktioniert. Heute sind die Entscheidungsträger der meisten afrikanischen Regierungen korrupt. Korruption ist dort heute ein funktionierender Teil des Systems. Das ändert aber nichts daran, dass mein Verhältnis zu den Menschen und vielen geschäftlichen Partnern dort sehr gut ist.


Dr. Cesare N. Aspes im Gespräch mit SHUUZ Öffentlichkeitsreferent Christian Sujata

(Bild: Afrikaexperte Dr. Cesare N. Aspes im Gespräch mit SHUUZ Öffentlichkeitsreferent Christian Sujata)


SHUUZ: Worin unterscheiden sich Ihre afrikanischen von den europäischen Geschäftspartnern?


Aspes: Aus der alten afrikanischen Tradition heraus, hat der Afrikaner stets eine positive Einstellung zum Leben. Er ist immer besonders freundlich und respektvoll gegenüber seinen Geschäftspartnern. Gerade ältere Geschäftspartner erhalten eine besonders hohe Anerkennung. Aber bei anderen Eigenschaften, die im Geschäftsleben noch viel mehr zählen, fallen die Afrikaner eher negativ auf. Ihr größtes Problem ist ihre große Unzuverlässlichkeit. Die Korrespondenz läuft schleppend, E-Mails oder Geschäftsbriefe werden nicht beantwortet, wichtige Dokumente nicht zugestellt oder verschlampt und Verabredungen nicht eingehalten. Mindestens drei Viertel meiner westlichen Geschäftspartner haben daraus die Konsequenz gezogen, keine Geschäfte mehr mit Afrika zu machen. Ein wichtiger Teil, der davon ausgenommen ist, ist der Exporthandel von Gebrauchttextilien und anderen Produkten.


SHUUZ: Dafür wird regelmäßig Kritik laut, dass der Export von Second-Hand-Textilien nach Afrika Handwerk, Handel und Menschen vor Ort benachteiligt...


Aspes: Das halte ich für falsch und für eine zu kurzsichtige Betrachtung der Fakten. Die einheimische Industrie hat es nie geschafft, eine vernünftige und ausreichende Produktion auf die Beine zu stellen. Dafür gab es eine ganze Reihe an Ursachen:
Die vorwiegend staatlichen Industrieunternehmen wurden meist schlecht geführt. Sie litten unter großen Managementschwächen, einer zu niedrigen Marktorientierung und Produktinnovation sowie der weit verbreiteten Korruption auf allen Ebenen – vom Manager bis zum Pförtner. Eine personelle Überbesetzung sorgte für weitere Unkosten. Gleichzeitig mangelte es an qualifiziertem Fachpersonal, was zu mangelnder Nutzung der technischen Möglichkeiten und niedriger Produktivität führte. Ein weiterer Grund lag in den zu hohen Fixkosten, speziell bei der Geschäftsführung, die eine ganze Reihe zusätzlicher Leistungen bezahlen ließ.
Den Afrikanern blieb so nichts anderes übrig, als sich der Second-Hand-Ware zu zuwenden und diese in ihren Alltag zu integrieren. Ich habe in all den Jahren dort nie erlebt, dass bei den Menschen irgendwelche Vorbehalte gegenüber importierten Gebrauchttextilien vorherrschen. Im Gegenteil!


Der Handel mit gebrauchten Schuhen ist keine Ursache dafür, dass es in Entwicklungsländern kaum eine eigene Schuhindustrie gibt!

(Bild: "Nach langen Jahren in Afrika und meinen weitreichenden Erfahrungen mit der dortigen Wirtschaft als Experte und Berater kann ich vehement unterstreichen, dass der Handel mit gebrauchten Schuhen keine Ursache für das Fehlen einer regionalen Schuhindustrie darstellt.")


SHUUZ: Aber sie könnten ja auch Textilien kaufen, die in Afrika hergestellt werden?


Aspes: Die in Afrika produzierte Neuware kostet die Menschen das fünf- bis fünfundzwanzigfache gegenüber der importierten Gebrauchtware. Sprich: Sie ist für die meisten Afrikaner schlicht unbezahlbar. Dank der Einführung des Gebrauchttextilmarkts haben tausende Menschen Zugang zu vernünftiger und zugleich bezahlbarer Kleidung erhalten.


SHUUZ: Gilt das auch für Schuhe?


Aspes: Für Schuhe noch viel mehr, denn es gibt in weiten Teilen Afrikas nur wenige industrielle Schuhhersteller. Ich habe selbst erlebt, wie noch in den 90er Jahren die Menschen in einigen afrikanischen Dörfern hauptsächlich barfuß herumliefen oder selbstgebastelte Schuhe aus Autoreifen trugen (s. Bild). Das hat sich grundlegend geändert, seitdem ausreichend Gebrauchtschuhe importiert werden.


SHUUZ: Was würde passieren, wenn es die Gebrauchtschuhe dort nicht gäbe?


Aspes: Naja, es gibt kein einheimisches Schuhhandwerk, das in der Lage wäre diesen Verlust aufzufangen. Das vorhandene Schuhhandwerk wäre dafür zu klein und wie gesagt, die dort hergestellten Schuhe für die meisten Afrikaner unbezahlbar. Die Leute würden wieder barfuß laufen.


SHUUZ: Können Sie uns abschließend sagen, was Sie von Shuuz halten?


Aspes: Ich sehe das Projekt sehr positiv. Der Export von Gebrauchtschuhen nach Afrika, wie ihn ja auch Shuuz betreibt, sorgt nun mal dafür, dass sich auch solche Menschen vernünftige Schuhe leisten können, die dazu sonst nicht in der Lage wären.


SHUUZ: Herr Dr. Aspes, wir danken Ihnen für das Gespräch.